Dunkles Licht
Dolphin Address 15
4. September, 2004
Gestern Nacht schien ein sehr klares Licht hinter dem Slieve Elva hervor. Soweit ich weiss, wohnt dort niemand. Das Gluehen der Lichter Galways findet sich auch viel weiter noerdlich, und Ballyvaughan ist doch viel zu klein und verteilt, um so ein starkes Licht zu produzieren. Sie wuerden doch nicht etwa mitten in der Nacht im Moor arbeiten oder eine verrueckte Party feiern?
Ein Teil von mir wollte gerne den Wagen wieder umpacken und sogleich den Berg hinauffahren. Das war nicht nur einfach Irgendetwas, nein da war etwas Gigantisches zugange und das Licht nahm langsam und stetig zu.
Ich wurde hungrig und fing an, etwas Kaese und Brot aus dem Pappkuechenschrank zu kramen. Ich war dadurch vielleicht 5 oder 10 Minuten abgelenkt. Als ich wieder aufschaute, war ich nicht wirklich erstaunt. Gerade exakt ueber der Kante hatte sich der Vollmond in voelliger Stille erhoben. Sein fahles goldenes Licht wirbelte durch die Schatten von Graten und Steinen den Hang hinunter.
Jetzt fiel es mir auch wieder ein. Mein Tidenplan hatte einen Vollmond erwaehnt. Aber wenn ich gewusst haette, das er so voll wird, na dann haette ich mir doch eine Zeitung gekauft und sie draussen gelesen.
Streich
Als ich heute Morgen Tee machen wollte, sah ich zu meiner Ueberraschung, dass meine Tasse auf dem Tisch stand, mit Wasser gefuellt. Ich mache so etwas nie. Auch sah ich, dass ein winziges Stueckchen Seetang vom Rand herunter hing. Sehr merkwuerdig. Ich tauchte meinen Finger hinein und kostete, es schmeckte wie die See.
Koennte Dusty meine Tasse gefuellt haben? Bist du jetzt verrueckt geworden? Irgendein selbsternannter Komiker muss sich wohl die Muehe gemacht haben, die Felsen herunterzustolpern, um meinen Becher mit Seewasser zu fuellen. Wer weiss, wie lange die sich gestern Abend ins Faeustchen lachend hinter einer Mauer versteckt gehalten hatten, um das Ergebnis ihrer Tat zu geniessen.
Skyline
Wir leben ein einfaches, bescheidenes Leben auf dieser unserer Wiese. Nichtsdestoweniger oder vielleicht gerade deswegen registrieren wir alles Ungewoehnliche in unserem Blickfeld. Wie auch jetzt, da wir einen angespuelten Golfschuh in unsere (S)Kul(p)turlandschaft integriert haben. Anstadt einen 20 Fuss hohen Steinwall als Deich gegen das immerwaehrend bedrohlich toesende Wasser aufzubauen, haben wir symbolisch diesen Schuh auf dem 'No Dumping' Schild platziert, um den Zorn des Ozeans abzuwenden. In unserer Vorstellung entdecken Archaeologen in ein oder zwei Jahrhunderten unser Zeichen und feiern es als ein neues Kapitel der irischen Kulturgeschichte, geschrieben unter dem Einfluss des Delphin-Kultes.
Dichter am Boden liegt ein angeschwemmter Baum, den wir ueber die Felsen hinauf geschleppt haben, um ihn als Feuerholz trocknen zu lassen. Er hebt sich ab und wird gerade in diesem Moment von dem unnachgiebigen irischen Regen vollstaendig durchnaesst.
Den schoensten Ausblick aber habe ich in diesem Augenblick auf eine dampfend heisse Tasse voll von durchwaermendem Earl Grey Tee (mit Bergamotte Oel), aufgebrueht von meiner innig geliebten, immerfort tanzenden Verena.
Jan Ploeg, Fanore Meadow, September 4th 2004
Uebersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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