Aaal
Es war schon ein nicht zu verachtender Fußmarsch und ein ziemlich ausgedehnter Tauchgang, aber wenn man solche Erfahrungen macht, dann ist das die Anstrengung wert. Einmal im Wasser, wurden wir bald von einem "Kanni" - Barsch eskortiert, der im Licht unserer Tauchlampe auf kleinere Familienangehörige Jagd machte, übrigens mit wenig Erfolg.
Wir kamen zum Boden des "Tales" und nahmen die steile Wand mit gefüllten Lungen.
Ein feiner, silbriger Nebel hing über "der Milchstraße".
Diesen Morgen hatte ich mich bei elf verzählt, vor allem, weil Aale eher Einzelgänger sind.
Selbst wenn du mal zwei zusammen triffst, benehmen sie sich, als wären sie niemals einander vorgestellt worden.
Und trotzdem: Die meisten Menschen kennen sie nur in Massen, zusammengedrängt in großen Glasbassins von Fischern oder als geräucherte Bündel auf dem Markt.
Taucher sind sehr wohl vertraut mit sogenannten "Aal-Wolken", aufgewirbeltem Staub wo sie der Aal als erster sah. Dort angekommen, ist er längst unter Algen verschwunden. Mit etwas mehr Glück gelingt es, dich über ihm treiben zu lassen, daß du spürst, wie er die Gefahr wittert, ohne eine Idee zu haben, woher sie kommen mag. Um sicher zu gehen, legt er den Rückwärtsgang ein, und du siehst, wie sehr langsam schaukelnd träge Schlingen zum Leben erweckt werden. Solange du dich nicht bewegst, kannst du gut beobachten, aber schon eine winzig kleine Luftblase oder die leiseste Gewichtsverlagerung kann ihn in die Tiefe schießen lassen.
Es schien, als wäre jede kleine Bodensenke, jeder Algenbüschel von einem Aal in Besitz genommen. Sie schienen zu einer Evangelischen Andacht versammelt, ein sich wohl durchdacht windendes, fast teppichartig verwobenes Kollektiv.
Ich befürworte es eigentlich nicht, Fische anzufassen, lieber bin ich unter ihnen geduldet, als daß ich sie verscheuche. Aber in diesem Falle war es eine Überprüfung wert.
Kaum in Eile schwammen sie pulsdick durch unsere aneinander gelegten Hände, um es sich, nicht einmal einen Meter entfernt, in einem Sandhäufchen wieder bequem zu machen.
Ich schaute Bjørge an. Sie war hübsch, schlank und zäh, ein "buddy" seit Jahren. Wir hoben die Daumen im selben Moment und an der Oberfläche redeten wir völlig aufgeregt durcheinander. Die große Frage war: "Warum?" Der Besitzer des Sees sprach von laichenden Karpfen und Schleien, aber Aale gehen dafür zurück ins Sargasso Meer. Was war das also? "Guck mal, guck" blubberte Bjørge halb unter Wasser. Im Licht ihrer Lampe segelten drei Karpfen vorüber, das Netzwerk weißer Punkte auf den Kreuzungen ihrer Schuppenlinien schimmerte wie Perlen auf einem königlichen Gewand.
Wir machten das "Tauch" - Signal und glitten mit ihnen mit. Nahe am Ufer begegneten wir der massiven Gestalt eines Schlei, der uns bald zu einem zweiten führte. Ein Schwarm Plötzen silberte entlang und da kam mir ein Lied in den Kopf: "Love is in the air".
Könnte es sein, daß die Aale vom Paarungsdrang der anderen Gattungen inspiriert wurden und zum Ersatz ein rituelles Schattentreffen abhielten?
Wir kehrten zu den Aalen zurück und versuchten, sie durch unser OK Zeichen schwimmen zu lassen. Bjørge schaute mich mit dem diesem typischen Lächeln ihrer Augenbrauen an und ich errötete. Kräftiges Wasser heute.
Jan Ploeg
Übersetzung und Beratung: Verena Schwalm
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